Am 12.03.2015 ist mit Terry Pratchett einer der größten Autoren unserer Zeit von uns gegangen. Die von ihm geschriebenen Bücher sind eine einmalige Kombination aus feinsinnigem Humor, Weisheit, Durchblick und eben entlarvendem Einblick in die Funktionsweise der Menschheit – mit all ihren hässlichen Gesichtern wie zum Beispiel Rassismus und Kolonialismus.
Ich lese sehr viel und habe nie vergleichbare Bücher gefunden, denen diese scheinbare Leichtigkeit, das Lachen und dennoch eine unglaubliche Tiefe gegeben war. Pratchett hat nicht nur Fantasy geschaffen – ein Genre, das meines Erachtens zu Unrecht gerne belächelt wird (schlechte Literatur ist schließlich überall zu finden ;)) – er hat der Welt und seinen Leser/innen gekonnt einen Spiegel vorgehalten, zum Denken angeregt, berührt und mit seiner Schreibfeder in die Dinge der menschlichen Seele gepiekst, die wir uns meist nur schwer eingestehen wollen.
Pratchetts Werke haben mich durch die letzten 20 Jahre begleitet und haben ein ganzes Regalbrett für sich in meiner Wohnung. Farewell, Terry. Du hast uns so wundervolle Bücher und Figuren geschenkt, da draußen hätte es noch so viele Geschichten gegebene, die du uns hättest so erzählen können. Mögen deine Wort noch viele, viele Menschen ebenso begeistern wie mich. Um es mit den unvergänglichen Worten des Rattentods zu sagen: „QUIEK….!“
Essen wie in der Scheibenwelt….
Diesen Artikel widme ich Terry Pratchetts Gesamtwerk, das Rezept nimmt aber Bezug auf die Bücherserie, die wohl seine bekannteste ist und auch bei mir der erste Berührungspunkt war. In seiner fiktiven Welt, der Scheibenwelt (im Original „Discworld“), die – tadaa! – eine Scheibe ist, die auf dem Rücken der Weltelefanten ruht, die wiederum auf dem Panzer der riesigen Sternenschildkröte Groß A’Tuin („Great A’Tuin“) stehen, die langsam ihre Bahnen durch das Universum zieht, existieren neben Magie und menschlichen Wesen (die manchmal ihre unmenschlichsten Seiten zeigen – Pterry entblättert zielgenau die dunkelsten Seelenstellen der Menschheit) auch die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen.
Schnappers Würstchen, Zwergenbrot und Ratte am Spieß
In dem Stadtstaat Ankh-Morpork, dem stinkend-glitzernden Schmelztiegel am Rande der Scheibenwelt, treffen diese Kulturen und Traditionen aufeinander. Zwerge, Trolle, Vampire, Golems und anderes Volk sind im Laufe der letzten Jahrzehnte in die Stadt migriert und haben hier Geschäfte aufgebaut. Erst hatte ich überlegt, ob ich Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin-Schnappers (Im Original „Cut-Me-Own-Throat Dibbler“) Hot Dogs mit echtem Schwein nachbaue – habe mich aber zum Wohle aller gegen diese ankh-morporkianische Köstlichkeit entschieden. Zwergenbrot wollte ich wiederum unseren menschlichen Zähnen nicht antun… Und so widmete ich mich mit „Ratte am Spieß“ („rat on a stick“) einer zwergischen Spezialität, die inzwischen auch andere Einwohner der Stadt erfreut. Zu bekommen ist sie vor allem bei Gimlet, natürlich ganz echt mit Ketchup dazu. Erwähnt wird dieses Etablissement zum Beispiel in Pratchetts Buch „Helle Barden„*. Da ich gerade zufällig keine frischen Ratten zur Hand hatte, habe ich sie durch frisches Rinderhack substituiert.
Kleine Empfehlung: Die Ratten am Spieß passen auch hervorragend zu Halloween, bei mir sind sie jedenfalls dafür vorgemerkt. Uuund, es gibt übrigens auch ein Scheibenwelt Kochbuch* von Nanny Ogg, das ebenfalls mein Kochbuchregal ziert und äußerst amüsant zu lesen ist. Darin ist auch ein Rezept für „sticky toffee rat on a stick“, ich wollte aber nix Süßes und zum anderen klang das Rezept nicht ganz so gelingsicher.
Und bevor ich nun endlich zum Rezept komme, mag noch jedem Wesen, das auch mal außerhalb der Discworldreihe zwischen den Seiten stöbern mag, den Roman „Nation„* von Terry Pratchett ans Herz legen.
Rezept für Ratte am Spieß / Rat on a stick
(Eine zwergische Spezialität aus Ankh-Morpok – ergibt 6 fette, saftige Ratten am Spieß)
350 g Hackfleisch (Rind)
6 Stücke Gouda (~ 5 x 1,5 cm, alternativ Feta für Bifteki-Ratte am Spieß)
1 Ei (M)
40 g altbackenes Brot (weiß)
1 dicke Knoblauchzehe (fein gehackt)
1/2 TL Salz
1/4 TL Thymian (getrocknet)
1/4 TL edelsüßes Paprikapulver
1/4 TL Chili-Sauce (bei mir Sriracha-Sauce*)
1/4 TL Madras-Currypulver (für den klatschianischen Einfluss, ihr wisst schon)
Rosmarinnadeln (frisch – für die Barthaare der Ratten)
Desweiteren: 6 Schaschlikspieße aus Holz, 6 Vollkorn- oder Dinkelspaghetti für die Rattenschwänze, Chilisauce und Ketchup zum Servieren.
Zubereitung
- Das trockene Brot in Wasser einweichen, bis es vollgesorgen und matschig ist. Anschließend gründlich ausdrücken.
- In einer Schüssel mit den Händen Fleisch, Brot, feingehackten Knoblauch, Ei und Gewürze vermengen, bis alles eine homogene Masse ist, die Bindung hat.
- Die zurechtgeschnittenen Käsestücke jeweils längs auf einen Schaschlickspieß ziehen.
- Das gewürzte Hackfleisch in sechs gleich große Portionen teilen.
- Je eine Portion zu einer Kugel formen, zu einem Kreis plätten, den Käsestick am Spieß in die Mitte legen, Hackfleisch zuklappen und den Käse komplett umschließen. Der Käse muss völlig von der Fleischfarce ummantelt sein, sonst läuft er sofort aus. Anschließend eine kegelförmige Ratte formen.
- Ein Ende der Nudeln festhalten (eventuell vorher halbieren – Vorsicht, Verletzungsgefahr), die andere Hälfte in einen Topf mit kochenden Wasser halten und weich kochen.
- Das noch harte Ende der Spaghetti jeweils einer Ratte in den Hintern stopfen, den Rest um den Spieß herum als Schwanz kringeln. Durch die Vollkornspaghetti hat der Rattenschwanz so ein schönes Naturgraubraun.
- An jeder Seite der Rattenschnauze zwei bis drei einzelne Rosmarinnadeln als Barthaare reinstecken. Mit Chilisauce Punkte für die Augen setzen.
- Die Ratten auf ein Blech oder in eine Auflaufform setzen und im vorgeheizten Ofen (bei mir Umluft) bei 175° für circha 30 Minuten durchbacken.
- Voilà! Glutäugige Ratten am Spieß. Mit Käsefüllung! Zum Verzehr ganz traditionell mit einem Schälchen Ketchup darreichen.
Die Idee stand schon vorher, Inspiration zur Verwirklichung der zwergischen Spezialität „Ratte am Spieß“ habe ich mir aber hier geholt. Und noch eine Idee: Wenn man zu Fetakäse im Innern greift, hat man Bifteki-Ratte am Spieß!
Mit dem Nachruf auf Pratchett und dem Rezept für die Ratten am Spieß nehme ich wieder an meinem eigenen Event „Ich bin lesehungrig…“ teil. Euch allen einen durchlesenen und bücherlastigen Sommer voller köstlicher Dinge,
Shermin
*Werbung: Affiliate-Link zu Amazon
Gute Arbeit! Und schön fotografiert! (Verzeihen Sie meine Oinkendeutsch!)
@Mike – Oh, how cool is that. Thanks for your comment. No need to write in german, I read my Pratchett in english. 😉 (And what is „Oinkendeutsch“?? – that bit left me a little bit…uhm… confused. ;))
As pig Latin is to Latin, Oinkendeutsch is to German.
I just did a very literal translation of „Good work! And beautiful photography!“ and realized that might not really idiomatic German… Proper Oinkendeutsch would really be cruder, English faking German („Guten werken! Und beautifulich photographieren!“ 🙂 )
@Mike – Ah, get it. Thanks for the explanation! 🙂
Hallo Shermin,
Deine „Ratten am Spieß“ sehen wirklich niedlich aus. Die kann ich mir für eine Halloween-Party oder einen Kindergeburtstag ebenfalls gut vorstellen.
Noch besser gefällt mir jedoch Dein Nachruf auf Terry Pratchett, in dem Du genau das zum Ausdruck gebracht hast, weshalb auch ich ihn so schätze.
Neben den Scheibenwelt Romanen, von denen ich ebenfalls sehr viele mit Vergnügen las (etliche auch im Laufe der Jahre immer mal wieder), wusste ich insbesondere die Nomen-Trilogie (Trucker, Wühler, Flügel) zu schätzen. Falls Du diese nicht kennen solltest, würde ich Dir empfehlen, diese zu lesen.
Im vorigen Jahr war ich dann ganz begeistert von „Dunkle Halunken“.
Aber beim Lesen Deines Beitrages ist mir eingefallen, dass ich „Die Insel“ noch gar nicht las, obwohl es sich schon seit einigen Jahren in meinem Besitz befindet.
Ich habe diesen Roman also gestern aus meinem Regal geholt und heute mit ins Wochenende genommen. Am Nachmittag fand ich zwar nur eine kurze Weile Muße zum Lesen, doch die dabei geschafften ersten beiden Kapitel sprachen mich bereits sehr an. Ich werde sicherlich nachher noch ein paar weitere Seiten lesen…
Ein weiteres Mal, dass mich der von Dir ausgerichtete bibliophil-kulinarische Dauervent Lesehunger auf interessante Lektüre aufmerksam macht.
Danke
Gourmandise
@Gourmandise – Ganz herzlichen Dank für deine Wortmeldung. Auch wenn ich hier nur selten dazu komme Artikel zu veröffentlichen: Genau so soll es sein, aus dem Herzen sprechen und zum Lesen verführen. 😀 Die Story von Dodger fand ich auch nett, ich muss das Buch demnächst nochmal zur Hand nehmen. Liebe Grüße!
Hallo Shermin,
die Ratten sind ja mal eine coole Idee!
Die Romane der Scheibenwelt habe mich vor Jahren eher gelangweilt.
Ich habe aufgrund deiner schönen Beschreibung beschlossen, wenigstens das este Buch nochmal im Original zu lesen.
Vielen Dank für die Inspiration.
GlG Heike
@Heike – Sorry fürs späte Freischalten des Kommentars, aber ich war zu dem Zeitpunkt noch im Krankenhaus. Und hast du dich inzwischen mit den Büchern anfreunden können?
Liebe Grüße!
Liebe Sherman!
Herzlichen Dank für den leidenschaftlichen Nachruf auf Pratchett und für diese herrliche Idee mit den Ratten. Ich habe gestern zu Halloween einen Riesenspaß daran gehabt, sie nachzubasteln und bei der Party einer Freundin anzubieten. Es haben sich wirklich einige Leute schaurig geschüttelt bei diesem Anblick…Muhahaaaaa!
Alles Liebe für Dich und weiter so!
Mondwaldfrau
Hallo Mondwaldfrau,
wunderbar, dass die Ratten so gut ankamen & einen lieben Dank für deine Worte.
Shermin 🙂
Hast Du eigentlich schon die Yelena-Reihe von Maria V. Snyder gelesen?
@Mondwaldfrau – Nee, die kenne ich noch nicht? Worum geht es da? Bin gerade auf der Suche nach neuem guten Lesefutter. 🙂
Schau mal hier ist eine Rezension zum ersten Teil. Im Original heißen die Bücher Poison Study, Magic Study und Fire Study.
https://www.lovelybooks.de/autor/Maria-V.-Snyder/Poison-Study-58162276-w/rezension/1241294640/
Leider habe ich gerade festgestellt, dass die Bücher vergriffen sind. Aber über Amazon kann man sie noch gebraucht bekommen. Und Du willst sie wahrscheinlich auf Englisch lesen, vermute ich. Sonst könnte ich im Notfall einen deutschsprachigen Büchertausch anbieten ?.
Und übrigens habe ich heute einen Spinnkurs bei Dir auf meinen Weihnachtswunschzettel gesetzt…